Pegnitz – Zeitung vom 09. September 2006:
70 Jahre Bad Schnaittach
Erinnerungen an die Eröffnung der Anlage im Jahr 1936
Am Pfingstsamstag, den 30.Mai 1936 öffnete das Freibad, das damals den Namen „Julius Streicher Kampfbahn“ (nach dem berüchtigten Nazi-Führer) trug, seine Pforten. Dies war nicht nur für die Badelustigen und Schwimmsportler ein Ereignis, sondern für die ganze Marktgemeinde Schnaittach. Mit der Eröffnung erhoffte man sich eine wesentliche Steigerung des Fremdenverkehrs.
Die Anlage in der Sandplatte wurde in nahezu zweijähriger Bauzeit erstellt, wie in alten Zeitungsberichten nachzulesen ist. Das geräumige Wasserbecken mit 50 Meter Länge und 22,5 Meter Breite war damals vorbildlich für ganze Region. Seine Tiefe verlief von 90 Zentimeter bis zu 3,60 Meter. Eine lustige Wasserrutsche sowie fünf Sprungbretter mit Höhen von einem, drei und fünf Meter vervollständigten die eigentliche Wasseranlage, zu der auch ein Planschbecken gehörte.
Außerdem gab es eine Sonnenbadanlage und eine Terrasse. In der weiteren Ausdehnung schloss sich noch eine prächtige Eichen- und Lindenanlage an, die den Badbesuchern ebenfalls zur Verfügung stand. Ein modernes Cafe und Restaurant sorgte für das leibliche Wohl, die Bequemlichkeit und das Wohlbefinden der Gäste. Der Pächter führte allwöchentlich einen Gesellschaftsabend ein und versprach, Speisen und Getränke „zu zivilen Preisen“ anzubieten.
Leider ließ das damalige Pfingstwetter mit feinen Strichregen und kühler Luft ein Baden im Freien nicht zu, ist in der Pegnitz-Zeitung nachzulesen. Erst Mitte Juni wurden die Tage immer heißer. Selbst für diejenigen, die nicht dem Wassersport huldigten, wart es eine angenehme Erholung „auf der Terrasse bei einer Tasse Kaffee oder einem Glase Bier dem heiteren Treiben im Wasser zuzusehen oder die reizvolle Gegend zu beobachten“.
Die Schönheit der Anlage sprach sich auch in der Großstadt Nürnberg herum. Die 8. Klasse des Schulhauses am Webersplatz in Nürnberg beispielweise machte Mitte Juni mit ihrem Lehrer einen Ausflug in das Bad. Die „Knaben“ legten den Weg von Nürnberg nach Schnaittach in fünf Stunden zurück. „Es blieb keiner zurück“, hieß es, was als gutes Zeichen für systematischen Sport gewertet wurde.
Auch die Lehrer der Schnaittacher Volkshauptschule haben mit ihren Schülern von der neuen Schwimmsportgelegenheit sofort Gebrauch gemacht. Die Kinder wurden regelmäßig in das Bad geführt und mit dem Wasser vertraut gemacht. Dabei wurde mit der Ansicht, dass Wasser habe keine Balken, gründlich aufgeräumt. „Das Wasser ist nicht gefährlicher als jedes andere Element, man muss es nur zu meistern wissen, dann ist es ein guter Freund“, schreibt damals der Chronist.
Da sich immer wieder herausstellte, dass die meisten „Volksgenossen“ nicht schwimmen konnten, wurden Schwimmkurse angeboten. Die Gebühr für sechs Unterrichtsabende betrug 3,60 Reichsmark.
Am Sonntag, den 21. Juni 1936 verzeichnete das Bad einen derartig guten Besuch, dass das Personal zu wenig wurde. Es wurden rund 700 Badekarten ausgegeben, die Familien- und Dauerkarten nicht mitgerechnet. Es herrschte ein solch fröhliches Treiben, dass selbst Personen, die bisher reserviert abseits standen, nicht widerstehen konnten und ebenfalls in den kühlen Fluten Zuflucht vor der großen Hitze suchten, wie es in der PZ hieß. Erst am Sonntag, den 19. Juli 1936 erfolgte dann die offizielle Einweihung der gesamten Anlage durch den stellvertretenden Nazi-Gauleiter Holz und Bürgermeister Bickel. Es fanden Schwimmwettkämpfe statt und humoristische Vorführungen des Schwimmvereins Bayern 07 Nürnberg und abends wurde zum Tanz geladen in die neue Festhalle.
Die ganze Anlage umfasste neben dem Schwimmbad auch einen Sportplatz und einen Tennisplatz. Auch die mächtige Turnhalle mit eingebauter Bühne für Veranstaltungen (Vorgänger des Badsaals) wurde an diesem Tage ihrer Bestimmung übergeben.
Die Ausführung der Arbeiten an der Anlage oblag meist Schnaittacher Firmen, wie ebenfalls berichtet wurde. Beteiligt waren unter anderem die Hafnermeister Gottfried Stammler und Konrad Summerer, die Zimmermeister Konrad Wörler und Konrad Trautner. Für die Schlosserarbeiten waren die Meister Fritz Weiss, Fritz Geissler und Georg Wörler zuständig. Wörtlich stand zum Eröffnungstag dazu in der PZ von 1936 zu lesen: „Das neue Schwimmbad oder vielmehr die ganze Anlage hat eine unbeschreiblich schöne Lage. Umgeben von Wald und Bergen sowie Grünanlagen und netten Häuschen hat es eine vollständig windgeschützte Lage mit Ausblick auf den altehrwürdigen Rothenberg mit seiner alten Festungsanlage“.
Jürgen Glassauer